- Cynthia Blasberg
Julia Leifert - Konstanz & Stil

Julia Leifert ist eine der wenigen deutschen Modedesignerinnen, die Eco & Fair High Fashion kreiert. Wer ihre Kollektionen kennt, weiß, dass sie sich keinen schnelllebigen Trends unterwirft, sondern einem persönlichen Stil folgt, der zeitlos ist. Inspiriert von Architektur, bildender Kunst und Film, filtert sie moderne ästhetische Einflüsse und überträgt diese auf ihre Mode. Das Verständnis für Trends ist stark an saisonal rasch wechselnde modische Spitzen gekoppelt. Aber ist das tatsächlich kennzeichnend für einen Trend oder haben wir uns lediglich in dieser Lesart eingerichtet? „Trends werden in der heutigen Zeit sehr stark von der Industrie beeinflusst, die uns glauben machen möchte, nur durch den kontinuierlichen Konsum könnten wir wir selbst sein. Trends, die sich beispielsweise aus subkulturellen Bewegungen, gesellschaftlichen Strömungen und politischem Geschehen entwickeln, werden von Werbebotschaften überschattet. Ein Highlight jagt das nächste, und das Neueste verspricht immer das Beste zu sein. So ist man ständig auf der Suche nach der profitabelsten Absatzstrategie“, erklärt Julia Leifert.
„Ich bin ein großer Fan von lässiger Eleganz“
Julia Leifert nimmt sich lieber die Freiheit, sich diesem Zeitdiktat zu entziehen, und setzt auf Relevanz. Der Reiz ihrer Fashion Pieces liegt in einem Spannungsfeld aus Zeitlosigkeit und Modernität. Relevante Details sind zunächst eher spürbar und offenbaren sich erst bei genauerer Betrachtung. Sie selbst sagt: „Ich mag das Verborgene, das erst auf den zweiten Blick sichtbar wird und eine starke Botschaft mitbringt, ohne plakativ zu sein. Oft erfordert Purismus ein besonderes Maß an Kreativität.“ 2014 gründete die ausgebildete Juristin nach einem Fashion-Economics-Studium ihr eigenes Label und benannte es nach ihrer Urgroßmutter Philomena Zanetti. 2019 entschloss sie sich aber, ihrem Unternehmen auch den eigenen Namen zu geben. „Mein Unternehmen repräsentiert meine Werte, die ich als Person vertrete. Nachhaltigkeit, Verantwortung und respektvoller Umgang mit anderen sind elementare Grundpfeiler meines Lebens und die DNA des Unternehmens. So war es für mich logische Konsequenz, 2019 den nächsten Schritt zu gehen und ein neues Kapitel einzuleiten.“

„Ich liebe Formen, Elemente und Strukturen“
Der Marken-DNA treu zu bleiben, war und ist eine Herausforderung. Für Julia Leifert beginnt der kreative Prozess auch da, wo Alternativen zu konventionellen Methoden gefunden werden müssen. Kompromisse hinsichtlich Nachhaltigkeit lehnt sie ab, auch wenn das bedeutet, dass sie auf ein modisches Thema verzichten muss wie beispielsweise auf Plissee. „Plissieren ist ein aufregendes Thema. Issey Miyake ist beispielsweise ein Meister dieser Formgebung. Allerdings braucht man dafür einen gewissen Anteil an Chemiefasern im Stoff, denn nur so ist eine Verformung dauerhaft zu erzielen. Ich arbeite mit natürlichen und biologischen Materialien. Das heißt, ich kann zwar Falten legen, müsste sie aber festnähen, um sie dauerhaft zu fixieren, was einen ganz anderen Effekt ergibt.“
Obwohl es schade ist, auf den upcoming Trend Plissee aus dem Hause Leifert zu verzichten, tut das der neuen Kollektion keinen Abbruch. Die Modedesignerin begreift ihre Entwürfe ohnehin als saisonunabhängige Editionen, deren Elemente miteinander kombinierbar und das ganze Jahr über tragbar sind. Auf gewisse Art trägt man fast buchstäblich mit jedem Teil ein Stück Julia Leifert. „Alle Modelle entwerfe ich so, dass ich sie tragen möchte. Es ist also eine Art intimer Einblick in meinen persönlichen Kleiderschrank. Der Kleiderschrank, der modisch und nachhaltig ist und den ich zu Beginn meiner Reise als nachhaltige Modedesignerin nicht finden konnte.“
(Feature aus TextilMitteilungen 5/2021)